Zum siebten Sicherheitsforum hat am Freitag das Polizeipräsidium Westpfalz in Kooperation mit der Leitstelle Kriminalprävention im Innenministerium Rheinland-Pfalz in die Stadthalle nach Landstuhl eingeladen. Das Sicherheitsforum ist eine überregionale Präventionsveranstaltung, die in diesem Jahr unter dem Thema “Gemeinsam gegen Kindesmissbrauch – Erkennen -Schützen – Handeln” stand. Schirmherr der Traditionsveranstaltung ist Roger Lewentz, Innenminister von Rheinland-Pfalz. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Veranstaltung im vergangenen Jahr ausfallen.
“Der sexuelle Missbrauch von Kindern gehört zu den widerwärtigsten und abscheulichsten Taten. Das Leid, das diesen jungen Menschen angetan wird, ist kaum zu begreifen. Insbesondere bei der Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Schriften mussten wir in den zurückliegenden Jahren eine deutliche Zunahme erleben. Dabei handelt es sich vielfach um eine Verbreitung in Chatgruppen und sozialen Netzwerken von Kindern und Jugendlichen”, sagte Innenminister Roger Lewentz. Auch dabei handele es sich grundsätzlich um strafrechtlich relevante Handlungen, die verfolgt werden müssten. Die Polizei sei entsprechend verstärkt worden. “Im LKA haben wir eine Ermittlungsgruppe eingerichtet und die Fachkommissariate der Flächenpräsidien wurden personell verstärkt. Zudem gibt es zielgruppenorientierte Fortbildungen und die Beschaffung zusätzlicher Hard- und Software an der Hochschule der Polizei. Eine landesweite Arbeitsgruppe unterzieht die Bekämpfungsstrategien einer landesweiten Betrachtung und arbeitet an der Fortentwicklung”, so der Minister.
Christof Gastauer begrüßte stellvertretend für den Polizeipräsidenten des Polizeipräsidiums Westpfalz, Michael Denne, die Gäste. In seinem Grußwort stellte der Polizeidirektor den besonderen Wert der Veranstaltung in den Fokus: “Mit dieser Veranstaltung wollen wir sensibilisieren und den Austausch zwischen Menschen aus unterschiedlichen Institutionen fördern, damit Kinder sicher aufwachsen können sowie vor Gewalt und Kindesmisshandlung geschützt sind.”
Die diesjährige Veranstaltung richtete sich vorrangig an das Leitungspersonal von Grundschulen und Kindertagesstätten. Außerdem waren Fachleute aus den Sparten “Bildung und Familie” sowie von Beratungsstellen eingeladen, ebenso Vertreterinnen und Vertreter aus der Landes- und Kommunalpolitik sowie von der Polizei. Von den etwa 200 angemeldeten Personen nahmen mehr als die Hälfte in digitaler Form teil.
Carina Kneip vom Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz beleuchtete in ihrem Vortrag aus Sicht von Opfern die Relevanz der Prävention. Kneip arbeite seit 2021 als Sozialpädagogin im LKA. Dort ist sie in der verhaltensorientierten Prävention für die Umsetzung des Programms “Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes” (ProPK) zuständig und betreut Projekte und Maßnahmen zu aktuellen Themen. Der sexuelle Missbrauch an Kindern und Jugendlichen stellt hierbei einen Schwerpunkt dar. Ebenso ist Kneip Ansprechpartnerin der Zentralstelle für Jugendsachen und Sozialberatung.
Einblicke in die Arbeit eines Fachkommissariats gewährte Ferdinand Rick. Der Kriminalhauptkommissar leitet das Kommissariat 2 der Kriminalinspektion Kaiserslautern, welches für die Bekämpfung von Sexualdelikten und die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder zuständig ist. In die Zuständigkeit des Kommissariats fallen auch die Bekämpfung der Herstellung, Verbreitung und des Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie, welche den sexuellen Missbrauch zum Inhalt haben. Rick ist seit 20 Jahren im Dienst der Kriminalpolizei und seit fast 30 Jahren im Dienst der Polizei Rheinland-Pfalz tätig.
Per Videobotschaft richtete sich Johannes-Wilhelm Rörig an die Teilnehmenden. Er ist unabhängiger Beauftragter der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Das Amt wurde ihm 2011 übertragen. Ein Jahr zuvor richtete die Bundesregierung den Runden Tisch “Sexueller Kindesmissbrauch” ein und berief die erste Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs: Bundesfamilienministerin a.D. Dr. Christine Bergmann. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist das Amt der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen und deren Angehörigen, für Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft sowie für alle Menschen in Politik und Gesellschaft, die sich gegen sexuelle Gewalt engagieren.
Dr. Heike Küken-Beckmann hat langjährige Berufserfahrung als psychologische Sachverständige zu Fragestellungen des Sorge- und Umgangsrechts, der Kindeswohlgefährdung, der Erziehungsfähigkeit von Eltern, sowie der Aussagetüchtigkeit von Zeugen und der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen im Kontext von Sexual- und Gewaltdelikten und zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Delinquenten. Zudem hat sie mehrjährige Erfahrung als Therapeutin im Maßregelvollzug mit Schwerpunkt in der Arbeit mit persönlichkeitsgestörten Sexualstraftätern und als Hochschuldozentin am Institut für Psychologie an der TU Darmstadt. Schon seit vielen Jahren ist sie in der Forschung zu den Themengebieten Stalking, Häusliche Gewalt, Kindeswohlgefährdung, Aussagepsychologie und sexueller Kindesmissbrauch durch Frauen tätig. Küken-Beckmann referierte darüber, wie man sexuellen Missbrauch von Kindern erkennen kann und was bei einem Verdacht zu tun ist.
In einem Praxisbericht erläuterte Lisa Weisbrod Schutzkonzepte in der Kindertagesstätte. Die Erzieherin und studierte Sozialpädagogin schrieb in ihrer Bachelorarbeit zu dem Thema “Erzieher als Akteure im Kinderschutz – fatale Differenz zwischen Ausbildungsinhalten und beruflichen Anforderungen”. Als Abschlussprojekt für die Anerkennung als Sozialpädagogin entwickelte sie mit dem Team der Kindertagesstätte Regenbogen in Katzweiler (Kreis Kaiserslautern) ein Schutzkonzept. Derzeit studiert sie den berufsbegleitenden Masterstudiengang “Kindheits- und Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Kinderschutz und Diagnostik” an der Hochschule Koblenz.
“(Ist das) Alles ganz normal, digital?” lautete der Titel des Livescreen-Vortrags von Julia von Weiler. Sie studierte Psychologie in New York und Berlin. Von 1992 bis 1994 arbeitete sie als pädagogische Fachkraft in der “Mädchenvilla”, der bundesweit ersten Wohngruppe für missbrauchte Kinder. Seit 2003 ist sie Geschäftsführerin von “Innocence in Danger e.V.”, der deutschen Sektion eines internationalen Netzwerks gegen sexuellen Missbrauch, welches sich gegen sexuelle Gewalt mittels digitaler Medien – insbesondere gegen die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im und über das Internet – einsetzt.
Um Schule und sexualisierte Gewalt ging es im Vortrag von Dr. Jörg von Irmer. Er zeigte auf, warum Schutzkonzepte für Schulen wichtig sind und welche Unterstützung sie auf dem Weg zu einem Schutzkonzept erhalten. Von Irmer ist als Schulpsychologe des Pädagogischen Landesinstituts in Idar-Oberstein tätig. Innerhalb der Abteilung Schulpsychologie bearbeitet er landesweit die Themenfelder “Gesundheitsförderung in der Schule” und “sexualisierte Gewalt”. Im Rahmen dieses Auftrags verfügt er über langjährige Erfahrungen in der Begleitung von Schulen bei der Entwicklung von Schutzkonzepten.
Am Nachmittag endete die Veranstaltung in der Landstuhler Stadthalle. Axel Emser, Leiter des Beratungszentrums des Polizeipräsidiums Westpfalz, zog Resümee: “Sexueller Missbrauch von Kindern, egal ob in der realen oder digitalen Welt, hinterlässt wehrlose Opfer mit körperlichen und seelischen Leiden, die sie oft bis an ihr Lebensende begleiten”. Nicht umsonst werden Delikte in diesem Zusammenhang als Verbrechen eingestuft. Das heutige Sicherheitsforum ist ein Weg, gemeinsam im Rahmen eines Netzwerkes aufzuklären, zu sensibilisieren und so dazu beizutragen, dass sexueller Missbrauch vermieden wird.