Pfeif- oder Kussgeräusche, aufdringliche Blicke, anzügliche Sprüche auf offener Straße oder übergriffige Nachrichten auf Social Media wie „Hey, geiler Arsch“ oder „Komm doch mal rüber, mit mir ist es nachts immer lustig“ aber auch die ungewollte Konfrontation mit Bildern oder Videos sexuellen Inhalts mittels digitaler Medien: Dies sind noch eher harmlose Beispiele für die recht niedliche Bezeichnung „Catcalling“. Der Begriff stammt aus der englischen Umgangssprache und bedeutet in etwa „Katzen-Rufen“. Es kann auch verstanden werden, als das unerträgliche Geschrei verliebter Kater. Darunter werden alle sexuell konnotierten Verhaltensweisen bzw. verschiedene Arten der sexuellen Belästigung ohne Körperkontakt im öffentlichen Raum zusammengefasst.
„Catcalling“ richtet sich vornehmlich gegen Frauen. Belästigungen auf der Straße wirken sich bei Betroffenen körperlich und emotional aus: Sie berichteten von körperlichen Symptomen wie Muskelverspannungen, Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit sowie starker Angst, z.B. vor Vergewaltigung oder davor, die eigene Privatsphäre nicht schützen zu können. Es sorgt dafür, dass Frauen und Mädchen beginnen Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.
Nach einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erleben 44 Prozent der Frauen, aber auch 32 Prozent der Männer, in Deutschland Situationen, in denen sexistische Zeichen und Übergriffe an sie adressiert sind. Als meist berührungslose, aber unzumutbar aufgedrängte Sexualität ist es derzeit noch kein eigener Straftatbestand bzw. keine Ordnungswidrigkeit. Catcalling ist weder ein Einzelschicksal bestimmter Frauen oder Mädchen, noch etwas was nur in bestimmten Städten/Stadtteilen vorkommt. Jede Frau und jedes Mädchen kann betroffen sein und es kann überall geschehen, auch in der persönlichen Nachbarschaft. Catcalling ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das überwiegend Frauen und Mädchen einschränkt sich frei und unbehelligt zu bewegen.
Dies soll nicht so bleiben und so hat bereits die „#Me-Too“- Bewegung das Problem sexueller Belästigungen im Alltag, überwiegend durch Männer, in den Blick der internationalen Öffentlichkeit gerückt.
Die erste Petition zum Catcalling von Antonia Quell „Es ist 2020. Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein“ wurde von knapp 70.000 Personen unterstützt und auch der Deutsche Juristinnenbund forderte bereits eine rechtliche Normierung berührungsloser sexueller Belästigung (DJB, 2021). Leider lässt das Engagement der Gesetzgebung noch auf sich warten.
Nun machen die Gleichstellungsbeauftragten auf kommunaler Ebene mit dem nationalen Anti-Catcall Tag, am 2. Freitag im Juni, auf diese nicht hinnehmbaren Vergehen aufmerksam. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Frauen und Mädchen sich nicht unbefangen im öffentlichen Raum bewegen können ohne Belästigungen ausgesetzt zu sein. Der gutmeinende Hinweis mancher Männer „Nimm’s doch als Kompliment.“, führt leider nicht weiter. Sexuelle Belästigung ist #keinKompliment.“. So Simone Semmler, Gleichstellungsbeauftragte aus Salzgitter, die Initiatorin des nationalen anti-Catcall Tages „#keinKompliment“, der immer am zweiten Freitag im Juni stattfinden wird.
Um das Thema mehr in den Fokus zu rücken, werden im Zeitraum von Juni 2022 bis Mai 2023 Betroffene aus der Stadt und dem Landkreis Kaiserslautern ermuntert, ihre erlebten Delikte zu melden.
Vorfälle, die sich in der Stadt Kaiserslautern zugetragen haben, können über die regionale Mailadresse für die Stadt Kaiserslautern keinkompliment@kaierslautern.de gemeldet werden. Alle „Catcalls“, die sich im Landkreis Kaiserslautern zutragen haben, können an die dafür eingerichtete Mailadresse beim Landkreis Kaiserslautern keinkompliment@kaiserslautern-kreis.de gemeldet werden. Bei den Gleichstellungsstellen von Stadt und Landkreis Kaiserslautern werden die Meldungen gesammelt, dokumentiert, kartographiert und für die Weiterarbeit vorbereitet.
Am zweite Aktionstag, dem 9. Juni 2023 werden regional organisierte Aktionsgruppen diese Übergriffe dann an dem Ort sichtbar machen, an dem sie stattgefunden haben.
So soll nicht nur die Sensibilität für das Thema erhöht werden, und z.B. auch bei Männern die Zivilcourage gestärkt werden dagegen vorzugehen, sondern damit sollen auch kommunale Entscheidungsträger*innen (z.B. im Bauamt, im Ordnungsamt oder bei der Polizei) darauf aufmerksam gemacht werden, an welchen Stellen in ihrer Stadt/Kommune sogenannte „Angsträume“ sind, also Orte mit erhöhtem Bedrohungspotenzial für Frauen.
Alle Personen, die in der Region von „Catcalling“ betroffen sind oder dies bei einer anderen Person miterlebt haben, sind aufgerufen über die oben genannten Mailadressen die begangenen Delikte in anonymisierter Form zu melden, mit Angabe der Art des Übergriffs sowie der möglichst konkreten Angabe von Ort, Datum und Uhrzeit. Selbstverständlich sind auch Menschen willkommen, die diese Aktion tatkräftig unterstützen wollen und z.B. zum 2. Aktionstag im Juni ´23 auf einen Teil der „Catcalls“ hinweisen oder auch – besonders die Männer – die „Catcaller“ sofort darauf hinweisen, dass ihr verhalten kein Kompliment ist.