Finanzausgleich

Das Bundesverfassungsgericht will in dem Verfahren der Stadt Pirmasens und des Landkreises Kaiserslautern um den kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz den Bund und die Länder anhören. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Sitz in Karlsruhe den beiden Kommunen in einem Schreiben mitgeteilt. Dem Bund und den Ländern werde die umfangreiche Beschwerdeschrift der Stadt und des Landkreises vom 14. Oktober 2019 kurzfristig zur Kenntnisnahme zugestellt. Bis zum 30.September 2021 werde diesen dann die Gelegenheit eingeräumt, Stellung zu nehmen. Im Einzelnen von ihm angeschrieben worden seien, so das Bundesverfassungsgericht: der Bundestag, der Bundesrat, das Bundeskanzleramt, das Bundesjustizministerium, das Bundesinnenministerium, das Bundesfinanzministerium sowie alle Landesregierungen.

Ebenfalls werde man die kommunalen Spitzenverbände, also den Deutschen Städtetag, den Deutschen Landkreistag und den Deutschen Städte- und Gemeindebund anhören. Zum prozessrechtlichen Hintergrund: Verfassungsbeschwerden müssen, bevor über sie verhandelt werden können, vom Bundesverfassungsgericht angenommen werden. Eine solche Annahme ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Das vom Bundesverfassungsgericht jetzt in Gang gesetzte Anhörungsverfahren ersetzt die Annahme nicht. Ebenso wenig erlaubt dieser Schritt, worauf das Bundesverfassungsgericht in seinem Schreiben ausdrücklich hinweist, Rückschlüsse darauf, wie das Bundesverfassungsgericht die Kommunalverfassungsbeschwerde abschließend beurteilen wird. Nichtsdestotrotz bedeutet das Schreiben aus Karlsruhe eine gute Nachricht für die Stadt Pirmasens und den Landkreis Kaiserslautern. „Wir freuen uns, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Verfahren, das für uns und die anderen notleidenden Städte und Gemeinden sehr wichtig ist, vorantreibt und den Bund und die Länder einbindet. Auch wenn damit noch nichts über den abschließenden Erfolg unserer Kommunalverfassungsbeschwerde gesagt ist, zeigt dieser Schritt, dass das Bundesverfassungsgericht unser Anliegen sehr ernst nimmt“, so Oberbürgermeister Markus Zwick und Landrat Ralf Leßmeister.

Hintergrund: Die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern, die zu den höchstverschuldeten Kommunen deutschlandweit gehören, haben sowohl vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz als auch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf eine bessere Finanzausstattung durch das Land Rheinland-Pfalz geklagt. Das Recht der Kommunen auf eine angemessene Finanzausstattung wird sowohl durch die Landesverfassung Rheinland-Pfalz (Art. 49 Abs. 6) als auch durch das Grundgesetz (Art. 28 Abs. 2) geschützt. Daher haben die Kommunen die Möglichkeit, sowohl vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes als auch vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat bereits mit Urteil vom 16. Dezember 2020 festgestellt, dass die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben (Landesfinanzausgleichsgesetz Rheinland-Pfalz) verfassungswidrig sind und das Land daher verpflichtet ist, bis zum 1. Januar 2023 den kommunalen Finanzausgleich neu zu regeln. Dieses Urteil lässt jedoch aus kommunaler Sicht einiges zu wünschen übrig (siehe hierzu die gemeinsame Pressemitteilung der Stadt Pirmasens und des Landkreises Kaiserslautern vom 22.02.2021). So erkennt es etwa den Anspruch der Kommunen auf eine finanzielle Mindestausstattung durch das Land, die auch dann ungeschmälert zu gewähren ist, wenn es um die Finanzen des Landes schlecht bestellt ist, nur eingeschränkt an. Auch an einer ausdrücklichen Verpflichtung des Landes darauf, für den Abbau der kommunalen Altschulden Sorge zu tragen, fehlt es. Daher haben die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern ihre beim Bundesverfassungsgericht anhängige Kommunalverfassungsbeschwerde nach dem Koblenzer Urteil aufrechterhalten und das Verfahren weiter betrieben.