Anerkennung der Stationierungsstreitkräfte im Zusammenhang mit der gesetzlichen Aufgabenwahrnehmung der unteren Gesundheitsbehörden

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Wilhelm,

mit Schreiben vom 14.10., 23.10. und 29.10.2020 hatte ich Sie als Landrat des am stärksten betroffenen Gesundheitsamtes für die Stadt und den Landkreis Kaiserslautern darum gebeten, zumindest die dem Innenministerium für unseren Einzugsbereich vorliegenden Stationierungseinwohner nach dem Landesfinanzierungsausgleichsgesetz (LFAG) mit sofortiger Wirkung in die Berechnung des 7-Tage-Inzidenzwertes pro 100.000 Einwohner/innen mit einfließen zu lassen. Dies betrifft gleichermaßen weitere Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz in ähnlicher Weise (Stationierungseinwohner > 700) und sollte sich daher mit folgenden Einwohnerzahlen sowohl in der Auflistung der Fallzahlen als auch auf der Karte der Homepage des Corona Warn- und Aktionsplans des Landes Rheinland-Pfalz widerspiegeln:

Landkreise / Kreisfreie Städte – Stationierungseinwohner

Bernkastel-Wittlich – 1.622
Birkenfeld – 2.702
Donnersbergkreis – 727
Eifelkreis Bitburg-Prüm – 3.414
Kaiserslautern (kreisfreie Stadt) – 6.625
Kaiserslautern – 17.937
Kusel – 3.864
Südwestpfalz – 1.258

[Quelle: Verzeichnis über die Anzahl der Stationierungseinwohner im Sinne des § 11 Abs. 4 Nr. Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) zum 30. Juni 2019]

Mit E-Mail-Nachricht vom 09.11.2020 hat uns Ihr Leiter des Referats „Öffentlicher Gesundheitsdienst“, Herr Dr. Klaus Jahn, über folgende Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts (RKI) informiert:

„Das RKI nutzt für die Berichterstattung die offiziellen Bevölkerungsdaten des Statistischen Bundesamtes (derzeit mit Datenstand 31.12.2019). Nicht nur die US-Streitkräfte, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen, die sich in Deutschland aufhalten, werden in den offiziellen Bevölkerungszahlen nicht erfasst. Darüber hinaus kann es sein, dass auch Personen, die sich nur sehr kurz in Deutschland aufhalten, in die IfSG-Statistik einfließen, wenn der Test in Deutschland durchgeführt und der Fall am Gesundheitsamt erfasst worden ist, weil evtl. Maßnahmen vor Ort ergriffen werden müssen, auch wenn die betroffene Person nicht Teil der Bevölkerungsstatistik in Deutschland ist. Die Bevölkerungsdaten des statistischen Bundesamtes als Nenner für die 7-Tage-Inzidenzen sind prinzipiell keine exakte Abbildung der Realität, aber immer noch die beste Annäherung.

Generell gilt: Die Behörden im Land- oder Stadtkreis verfügen immer über die aktuellsten Zahlen und können die epidemiologische Situation am besten einschätzen und ggf. die örtlichen Besonderheiten berücksichtigen. Die oben genannten Beobachtungen sollten daher sicherlich in die Bewertung der Situation vor Ort einfließen. Die lokalen Behörden entscheiden in der Folge darüber, welche Maßnahmen ergriffen werden. Das RKI sieht daher keine Veranlassung die Berichterstattung umzustellen.“

In einvernehmlicher Abstimmung mit allen Behördenleitungen der o. g. Landkreise und der kreisfreien Stadt Kaiserslautern können wir sowohl Ihre als auch die Entscheidung des Robert-Koch-Institutes hinsichtlich der Nichtanerkennung der in unserem Einzugsbereich lebendenden Angehörigen der Streitkräfte absolut nicht nachvollziehen. Dies insbesondere deshalb nicht, da wir als untere Gesundheitsbehörden nach dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich für alle in unserem Einzugsbereich lebenden Personen für zuständig erklärt werden.

In Ihrem Schreiben vom 28.10.2020 hatten Sie seitens des Landesuntersuchungsamtes angeboten, dass das Land bei der täglichen 7-Tage-lnzidenzberechnung die dem rheinland-pfälzischen Innenministerium gemeldeten Truppenstärken einfließen lässt und damit auch auf der Karte der URL des Corona Warn- und Aktionsplans RLP berücksichtigt.

Insofern bitten wir Sie eindringlich darum, dies zumindest in einem ersten Schritt für Rheinland-Pfalz mit sofortiger Wirkung umzusetzen.

Ungeachtet dessen ist es für uns weiterhin nicht nachvollziehbar, warum in einem zweiten Schritt die über den LFAG-Ausgleich nicht erfassten und ebenfalls nicht meldepflichtigen Angehörigen der Streitkräfte (kasernierte Bereiche) nicht ebenfalls hinzugerechnet werden.
Die Zahlen liegen, nach Aussage der zuständigen Verbindungsbüros der Stationierungsstreitkräfte, dem Innenministerium vor und die Menschen leben nachweislich in wesentlich größerer Anzahl in unseren Landkreisen und der kreisfreien Stadt Kaiserslautern, als diese im Corona Warn- und Aktionsplan des Landes Berücksichtigung finden.

Die Tatsache, dass die so genannte „Population at Risk“ nicht im Nenner der Inzidenzberechnung enthalten ist, verfälscht nicht nur maßgeblich die jeweiligen Statistiken, sondern führt auch zum Teil zu einer erheblichen Überschätzung der national ausgewiesenen 7-Tages-Inzidenz nach dem Corona Warn- und Aktionsplan des Landes Rheinland-Pfalz. Auf die möglichen Haftungs- und Rechtsfolgen bei Überschreiten der derzeit als kritisch formulierten Grenzwerte für die 7-Tages Melde-Inzidenz wurde in den Bezugsschreiben bereits hingewiesen. Dies ist für uns weder akzeptabel noch unserer Bevölkerung zu erklären!
Nach alledem fordern wir Sie gemeinsam auf, diesen Systemfehler zu beheben und bitten Sie um Unterstützung, dass das Robert-Koch-Institut unserer Argumentation ebenfalls folgt. Denn wie sollte es erklärbar sein, dass das Land Rheinland-Pfalz eine andere aber realitätsgetreue Inzidenz ausweist und das RKI bundesweit davon abweicht?

Mit freundlichen Grüßen und im Namen der betroffenen Gebietskörperschaften

Ralf Leßmeister
Landrat Kreis Kaiserslautern

Gregor Eibes
Landrat Kreis Bernkastel-Wittlich

Dr. Matthias Schneider
Landrat Kreis Birkenfeld

Rainer Guth
Landrat Donnersbergkreis

Dr. Joachim Streit
Landrat Eifelkreis Bitburg-Prüm

Dr. Klaus Weichel
OB Stadt Kaiserslautern

Otto Rubly
Landrat Kreis Kusel

Dr. Susanne Ganster
Landrätin Kreis Südwestpfalz