Trotz der Maßnahmen, die Bund und Länder vor zwei Wochen vereinbart haben, steigt
die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) inzwischen in nahezu
allen Regionen Deutschlands mit exponentieller Dynamik an. Dies hat dazu geführt,
dass bereits in zahlreichen Gesundheitsämtern eine vollständige
Kontaktnachverfolgung nicht mehr gewährleistet werden kann, was wiederum zu einer
beschleunigten Ausbreitung des Virus beiträgt. Aktuell verdoppeln sich die
Infiziertenzahlen etwa alle sieben und die Zahl der Intensivpatienten etwa alle zehn
Tage. Nach den Statistiken des Robert-Koch-Institutes sind die Ansteckungsumstände
im Bundesdurchschnitt in mehr als 75% der Fälle unklar. Zur Vermeidung einer akuten
nationalen Gesundheitsnotlage ist es deshalb nun erforderlich, durch eine erhebliche
Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen
aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare
Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche
zu senken. Ohne solche Beschränkungen würde das weitere exponentielle Wachstum
der Infiziertenzahlen unweigerlich binnen weniger Wochen zu einer Überforderung des
Gesundheitssystems führen und die Zahl der schweren Verläufe und der Todesfälle
würde erheblich ansteigen. Wesentlich ist es dabei auch, jetzt schnell zu reagieren. Je
später die Infektionsdynamik umgekehrt wird, desto länger bzw. umfassender sind
Beschränkungen erforderlich.
Bund und Länder streben an, zügig die Infektionsdynamik zu unterbrechen, damit
einerseits Schulen und Kindergärten verlässlich geöffnet bleiben können und
andererseits in der Weihnachtszeit keine weitreichenden Beschränkungen im Hinblick
auf persönliche Kontakte und wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich sind. Familien und
Freunde sollen sich auch unter Corona-Bedingungen in der Weihnachtszeit treffen
können. Dazu bedarf es jetzt erneut, wie schon im Frühjahr, einer gemeinsamen
nationalen Anstrengung des Bundes und aller Länder.
Bund und Ländern ist bewusst, dass die Beschränkungen für die Bevölkerung eine
große Belastung darstellen. Deshalb gebührt der überwiegenden Mehrheit der
Bevölkerung großer Dank, die bisher und auch in Zukunft diese Maßnahmen mit
Gemeinsinn und Geduld einhalten und besonders denjenigen, die für die praktische
Umsetzung der Maßnahmen sorgen und natürlich auch denen, die im
Gesundheitssystem ihren Dienst leisten.
Die Lage ist jetzt wieder sehr ernst. Vor uns liegen vier schwierige Wintermonate. Aber
Bund und Länder sehen mit Zuversicht in die Zukunft. Die Fortschritte bei der
Impfstoffentwicklung und die einfachere Infektionskontrolle im Sommer geben uns die
Hoffnung, dass Deutschland, wenn es gut durch diesen Winter kommt, im nächsten
Jahr schrittweise die Pandemie überwinden und sich auch wirtschaftlich erholen kann.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Bundeskanzlerin und die
Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder ergänzend zu ihren bisherigen
Beschlüssen:
- Ab dem 2. November treten deutschlandweit die im Folgenden dargelegten
 zusätzliche Maßnahmen in Kraft. Die Maßnahmen werden bis Ende November
 befristet. Nach Ablauf von zwei Wochen werden die Bundeskanzlerin und die
 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sich erneut beraten und die
 durch die Maßnahmen erreichten Ziele beurteilen und notwendige Anpassungen
 vornehmen.
- Wichtigste Maßnahme in der kommenden Zeit wird es sein, Abstand zu halten und
 Kontakte zu verringern. Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die
 Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen
 Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
- Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist daher ab sofort nur mit den Angehörigen des
 eigenen und eines weiteren Hausstandes jedoch in jedem Falle maximal mit 10
 Personen gestattet. Dies gilt verbindlich und Verstöße gegen diese
 Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden
 sanktioniert. Darüber hinausgehende Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen
 Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind angesichts der ernsten
 Lage in unserem Land inakzeptabel. Bund und Länder wirken bei den verstärkten
 Kontrollen zusammen.
- Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf nicht notwendige
 private Reisen und Besuche -auch von Verwandten- zu verzichten. Das gilt auch
 im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge.
 Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und
 ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt.
- Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind,
 werden geschlossen. Dazu gehören
 a. Theater, Opern, Konzerthäuser, und ähnliche Einrichtungen,
 b. Messen, Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und
 draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche
 Einrichtungen,
 c. Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen,
 d. der Freizeit- und Amateursportbetrieb mit Ausnahme des Individualsports
 allein, zu zweit oder mit dem eignen Hausstand auf und in allen öffentlichen
 und privaten Sportanlagen,
 e. Schwimm- und Spaßbäder, Saunen und Thermen,
 f. Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen.
- Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.
 Profisportveranstaltungen können nur ohne Zuschauer stattfinden.
- Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche
 Einrichtungen werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und
 Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause sowie der Betrieb
 von Kantinen.
- Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios,
 Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil
 in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige
 Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo und Logotherapien sowie
 Podologie/Fußpflege, bleiben weiter möglich. Friseursalons bleiben unter den
 bestehenden Auflagen zur Hygiene geöffnet.
- Der Groß- und Einzelhandel bleibt unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des
 Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet. Dabei ist
 sicherzustellen, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 10 qm
 Verkaufsfläche aufhält.
- Schulen und Kindergärten bleiben offen. Die Länder entscheiden über die
 erforderlichen Schutzmaßnahmen.
- Für die von den temporären Schließungen erfassten Unternehmen, Betriebe,
 Selbständige, Vereine und Einrichtungen wird der Bund eine außerordentliche
 Wirtschaftshilfe gewähren, um sie für finanzielle Ausfälle zu entschädigen. Der
 Erstattungsbetrag beträgt 75% des entsprechenden Umsatzes des
 Vorjahresmonats für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter, womit die Fixkosten des
 Unternehmens pauschaliert werden. Die Prozentsätze für größere Unternehmen
 werden nach Maßgabe der Obergrenzen der einschlägigen beihilferechtlichen
 Vorgaben ermittelt. Die Finanzhilfe wird ein Finanzvolumen von bis zu 10 Milliarden
 haben.
- Jenseits der umfassenden temporären Beschränkungen führen bereits die
 bisherigen Maßnahmen dazu, dass einige Wirtschaftsbereiche auch in den
 kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes
 hinnehmen müssen. Deshalb wird der Bund Hilfsmaßnahmen für Unternehmen
 verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche
 verbessern (Überbrückungshilfe III). Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der
 Kultur- und Veranstaltungswirtschaft und die Soloselbständigen. Außerdem wird
 der KfW-Schnellkredit für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten geöffnet
 und angepasst.
- Auch in der Pandemie wollen wir in Industrie, Handwerk und Mittelstand sicheres
 Arbeiten möglichst umfassend ermöglichen. Die Arbeitgeber haben eine
 besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen.
 Infektionsketten, die im Betrieb entstehen, sind schnell zu identifizieren. Deshalb
 muss jedes Unternehmen in Deutschland auch auf Grundlage einer angepassten
 Gefährdungsbeurteilung sowie betrieblichen Pandemieplanung ein
 Hygienekonzept umsetzen und angesichts der gestiegenen Infektionszahlen auch
 nochmals anpassen. Ziel ist u.a. nicht erforderliche Kontakte in der Belegschaft und
 mit Kunden zu vermeiden, allgemeine Hygienemaßnahmen umzusetzen und die
 Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene- und
 Schutzmaßnahmen zu minimieren. Bund und Länder fordern die Unternehmen
 eindringlich auf, jetzt wieder angesichts der hohen Infektionszahlen, wo immer dies
 umsetzbar ist, Heimarbeit oder das mobile Arbeiten zu Hause zu ermöglichen.
 Die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden sowie die
 Unfallversicherungsträger beraten die Unternehmen dabei und führen Kontrollen
 durch.
- Steigende Infektionszahlen führen leider auch zu einem Anstieg an Infektionen in
 medizinischen Einrichtungen und bei vulnerablen Gruppen. Deren Schutz stellt
 eine besondere Herausforderung dar. Deshalb haben die zuständigen Stellen je
 nach den lokalen Gegebenheiten für die Krankenhäuser, Pflegeheime, Seniorenund
 Behinderteneinrichtungen besondere Schutzvorkehrungen ergriffen. Dabei
 wird stets berücksichtigt, dass die jeweiligen Regelungen nicht zu einer
 vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen dürfen. Bei steigenden
 Infektionszahlen werden diese Maßnahmen entsprechend angepasst. Der Bund
 hat durch die neue Testverordnung sichergestellt, dass die Kosten der seit kurzem
 verfügbaren SARS-CoV2-Schnelltests für regelmäßige Testungen der Bewohner
 bzw. Patienten, deren Besucher und das Personal übernommen werden. Die
 verfügbaren Schnelltests sollen jetzt zügig und prioritär in diesem Bereich
 eingesetzt werden, um auch bei steigenden Infektionszahlen einen bestmöglichen
 Schutz zu gewährleisten und sichere Kontakte zu ermöglichen. Einrichtungen der
 Sozial- und Jugendhilfe sowie vergleichbare Beratungseinrichtungen bleiben
 geöffnet. Die Krankenhäuser sollen weiterhin bei der Bereitstellung von
 Intensivbetten unterstützt werden. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern
 werden zeitnah praktikable Lösungen erarbeiten, die auch die Fortführung
 finanzieller Unterstützungen enthalten soll. Krankenhäuser, die aufgrund der
 Behandlung von SARS-CoV-2-Patienten besonders belastet sind, können wie in
 der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vorgesehen sanktionsfrei von den
 Vorgaben abweichen.
- Bund und Länder werden die Information über die geltenden Corona-Maßnahmen
 noch einmal verstärken und durch möglichst einheitliche Maßnahmen die
 Übersichtlichkeit erhöhen. Sie werden jedoch auch die Kontrollen zur Einhaltung
 der Maßnahmen flächendeckend verstärken und dabei auch mittels
 verdachtsunabhängiger Kontrollen, insbesondere im grenznahen Bereich, die
 Einhaltung der Quarantäneverordnungen überprüfen.
- Bund und Länder sind sich darüber im Klaren, dass es sich um sehr
 einschneidende Maßnahmen handelt. Aber sie sind notwendig und sie sind mit
 Blick auf das zu schützende Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung und zur
 Abwendung noch umfangreicherer wirtschaftlicher Schäden im Falle einer
 unkontrollierten pandemischen Entwicklung verhältnismäßig.