Verwaltungsgericht Neustadt bestätigt erzwungene Erhöhung der Kreisumlage
Am 27. Juni dieses Jahres fand vor dem Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße die Verhandlung in dem Verwaltungsrechtsstreit zwischen dem Landkreis Kaiserslautern und dem Land (vertreten durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – ADD) über die vom Land verfügte Erhöhung der Kreisumlage für das Jahr 2016 statt. Eine Urteilsbegrün-dung für die Ablehnung der Klage des Landkreises Kaiserslautern gegen die von der ADD verfügte Erhöhung der Kreisumlage im Rahmen der Ersatzvornahme stand bisher noch aus.
Diese liegt nun seit Ende der vergangenen Woche vor. Bei der Urteilsbegründung überrascht jedoch, dass bei der Klärung der streitgegenständlichen Fragen eine Divergenz zu einem Beurteilungskriterium des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 21. Februar 2014 festzustellen ist. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht zur Beurteilung einer vorliegenden strukturellen Unterfinanzierung einer kreisangehörigen Gemeinde sich an deren „freien Finanzspitze“ orientiert. Das Verwaltungsgericht bezieht sich in seiner Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Gemeinde jedoch auf das Vorhandensein einer ausreichend hohen Kapitalrücklage.
Landrat Leßmeister zeigt sich insofern enttäuscht, dass das Urteil in seiner Begründung nicht bzw. nicht angemessen auf die vom Landkreis in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente eingeht. Aus Sicht des Landkreises ist bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Kommune deren Kapitalrücklage, sprich das bilanziell ausgewiesene Eigenkapital, kein geeigneter Indikator.
Der Landkreis Kaiserslautern vertritt die Ansicht, dass das Eigenkapital eine rein rechnerische Differenz zwischen dem ausgewiesenen Vermögen einer Kommune auf der Aktivseite und den ausgewiesenen „Fremdkapitalpositionen“ auf der Passivseite der Bilanz ist. Das Vermögen einer Kommune besteht allerdings in großen Teilen aus Vermögenswerten, die aus rechtlichen Gründen nicht oder zumindest nicht zum bilanziellen Wert veräußert werden können (wie z. B. Straßen, Schulen, Kindergärten etc.). So kann eine Kommune ein hohes Eigenkapital ausweisen und dennoch strukturell unterfinanziert sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Kommunen über viele Jahre wegen unzureichender finanzieller Ausstattung negative „freie Finanzspitzen“ ausweisen. Folglich werden dann hohe Liquiditätskreditbestände angehäuft. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen wird in Ermangelung liquider Mittel absolut eingeschränkt.
Vor diesem Hintergrund hatten die Vertreter der Kreisverwaltung in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nicht die Kapitalrücklage, sondern die „freien Finanzspitzen“ und die Belastungen aus Kreditaufnahmen als vorrangig geeignete Indikatoren zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit einer Kommune anzusehen sind. Das bewertete das Gericht jedoch offensichtlich anders.
„Das Gericht bestätigt mehr oder weniger deutlich die Forderung der ADD, dass wir unsere Kommunen im Landkreis Kaiserslautern einerseits über unsere Umlageveranlagung nicht ausreichend heranziehen und andererseits über unsere aufsichtsbehördlichen Maßnahmen nicht ausreichend auf die Ausschöpfung ihrer Einnahmemöglichkeiten hinweisen“, so Leßmeister.
In der Urteilsbegründung verweist das Gericht darauf, „dass die kreisangehörigen Gemeinden im Landkreis Kaiserslautern ihre Kräfte größtmöglich anzuspannen haben und diesbezüglich verpflichtet sind, durch eine angemessene Erhöhung der Realsteuerhebesätze ihre Einnahmen zu optimieren und Fehlbeträge zu reduzieren. Für einige Gemeinden im Landkreis bestehe mit Blick auf die Nivellierungssätze durchaus noch „Luft nach oben“, was bei der Umlagefestsetzung zu berücksichtigen sei“.
„Für die kommunale Familie ist das Urteil ein Schlag ins Gesicht und widerspricht ganz klar dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Selbstverwaltung“, zeigt sich Landrat Ralf Leßmeister mehr als enttäuscht. „Würde das Land seine Schlüsselzuweisungen an die Kommunen auskömmlich erhöhen und den Kommunalen Ausgleich verfassungsgemäß gestalten, wären die Kreise auch nicht gezwungen, ihre Kommunen über das Erträgliche hinaus mit Abgaben zu belasten“, resümiert Landrat Ralf Leßmeister.
Bemerkenswert ist übrigens am Ende der Urteilsbegründung die Feststellung des Gerichts, dass gerade die Divergenz zum OVG-Urteil Rheinland-Pfalz das Gericht dazu bewogen hat, die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zuzulassen. Der Landkreis Kaiserslautern wird nun in den nächsten Tagen das Urteil eingehend prüfen und entscheiden, ob der Weg zum Oberverwaltungsgericht beschritten wird.